Haushaltsrede von Ullrich Kremser

Ullrich Kremser

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

Letztes Jahr hatte ich meine Ausführungen unter die Überschrift „Hoffnung“
gesetzt. Leider muss ich nun feststellen, dass vieles im Hoffnungsstadium
geblieben ist. Nein, es wurden sogar ganz viele Hoffnungen zerstört. Waren
wir nicht alle froh, dass Corona zum Auslaufartikel wird. Und dann war die
Tinte für unsere Haushaltsreden noch nicht ganz trocken, wurde ein irrer und
menschenverachtender Krieg einseitig vom Zaun gebrochen. Leider gibt es
Viele , die dem Narrativ von Befreiung glauben und nicht wahrhaben wollen
wie viel Leid und Zerstörung damit einhergeht. Auch bei uns kommen die
Auswirkungen dieses Krieges an, wenn auch „nur“ in der Verteuerung unserer
Kosten für Energie und Lebenshaltung.

Deshalb begrüße ich es sehr, dass wir einen breiten Zusammenhalt (mit
Ausnahmen) in unserer Gesellschaft haben. So liefen auch die
Haushaltsberatungen für unseren Rekordhaushalt erstaunlich einmütig.
Spezielle Interessen wurden nicht gegeneinander ausgespielt. Vielen Dank
dafür.

Trotzdem lassen Sie mich ein paar Punkte ansprechen. Was wir haben ist ja
kein Einnahmeproblem, sondern mehr ein Ausgabeproblem. Froh sind wir
deshalb, dass bei den notwendigen Konsolidierungsmaßnahmen nicht nur
über Einnahmeverbesserungen , sondern vor allem auch über Einsparungen,
gerade im Personalbereich nachgedacht wurde. Und so wurde auch
gehandelt.

Die Parkgebühren lösen sicher nicht überall Begeisterung aus. Ich bin aber
sehr froh, dass im Vorfeld eine Erhöhung der Grundsteuer B, die ja 2025 eh
neu geregelt werden soll, nicht zum Zuge kam. Dies hätte unsere Bürger
weiter unangemessen belastet. Die Grundsteuer, die alle Bürger gleichermaßen trifft,
kann nur einen Sockelbetrag darstellen der vielfache
Aufgaben erledigen hilft, aber darüber hinausgehen de Kosten sollten stärker
nutzbezogen zu tragen sein. Eine Zustimmung zum Haushalt wäre mit einer
Erhöhung der Grundsteuer auch nicht möglich gewesen.

Enttäuscht war ich, wenn ich 1 Jahr zurückblicke, wie unsere Beschlüsse doch
teilweise abgearbeitet werden. Da wurde doch beschlossen den Ausbau der
Zumsteinwiese um 1 Million einzudampfen, um im Vollzug festzustellen : es
wurden 2 Millionen mehr ausgegeben. Beschlüsse sollten ja doch irgendwie
beachtet werden! Und dann hängt da immer noch das Hinweisschild
„Parkanlage“. Man könnte es ja sonst nicht wissen.

Dann lassen Sie mich noch etwas zum innerstädtischen Verkehr sagen. Was
wir brauchen ist ein Miteinander mit Respekt und Rücksicht. Manchmal habe
ich den Eindruck, dass nur teure Radvorschläge zählen. Einfache Lösungen,
wie unser Vorschlag mit der Westendstr. , werden abgelehnt. Da kommen
dann schon mal Zweifel am Willen auf. Die Salzstr. ist keine Fahrradstraße.
Auch eine Vertreibung des Autoverkehrs durch diverse Schikanen darf nicht
unser Ziel sein. Die Stadt, der Stadtkern, Gewerbe und Nahversorgung
müssen für alle Bürger, gleich wie alt oder jung und gleich wie gut sie zu Fuß
sind, bequem und sicher erreicht werden können. Wenn Kempten für das
ansässige Gewerbe, Sport und Kulturanbieter attraktiv bleiben soll. Wie lange
haben wir gekämpft, dass Handel in der Innenstadt und nicht auf der grünen
Wiese stattfindet. Der neu zu erstellende Flächennutzungsplan wird da noch
manches abfordern.

Dann freuen wir uns natürlich über die ganzen Schulinvestitionen, den Beginn
der Dreifachsporthalle (außerhalb unseres Haushaltes), der 10 . und 11.
Grundschule und der Sanierung des Carl von Linde Gymnasiums. Das dies
alles nur ein Zwischenschritt ist, ist uns klar. Mittel werden damit trotzdem
über Jahre gebunden sein. Besonders freue ich mich natürlich , dass am
Horizont auch die Schnitzelgrube für den TV Kempten zu sehen ist.
Kostenschätzungen haben etwas von einer Glaskugel und erweisen sich leider
häufig als Makulatur. Prognosen überdauern oft nur eine Sitzung.
Dankenswerterweise hat der Bezirk seine Umlage in diesem Jahr nicht
erhöht. Sollte allerdings in Kempten eine zusätzliche Außenstelle entstehen,
müsste die ja auch wieder über die Umlage finanziert werden. Ich glaube ,
dass das nicht notwendig ist.

Sicher, man kann alles verbessern. Es muss aber auch finanziert werden. Das
belastet unsere Bürgerinnen und Bürger. Bezahlbarer Wohnraum entsteht
nicht durch mehr Vorschriften. Auch kann die Stadt, also die Verwaltung und
Wir, keine Pflegekräfte, Erzieher, Handwerker oder Busfahrer aus dem Hut
zaubern. Wir können nur die Rahmenbedingungen versuchen zu verbessern.
Eine Priorisierung für unseren städtischen Haushalt hat leider wieder nicht
stattgefunden. Nein sie wurde uns vielmehr übergestülpt. Nach dem Motto,
wo das Geld reicht , wird investiert und dann machen wir neue Schulden.
Oder vielleicht doch mehr nach Aristoteles :"Wir können den Wind nicht
ändern, aber die Segel anders setzen." Es ist uns Allen klar, es wird
schwieriger. Ich sehe auch eine Rücklage um die 2 Millionen, wie sie in den
Planungen stehen einfach als zu niedrig an. Auch weil Zinsen und Inflation
keine Rücksicht auf unseren Haushalt nehmen.
Augenmaß und Durchhaltewille sind gefragt. Niemand versteht, warum es
sich Menschen so schwer machen. Alle Dinge, die wir mit bestem Wissen und
Gewissen anstreben, werden durch Zerstörung und Krieg konterkariert. Dies
bedeutet für uns, dass der Ausblick auf den Haushalt 2024 schon heute wenig
Freude auslöst.
Wir danken vor allem allen Ehrenamtlichen, die trotz ständiger Rückschläge
nicht aufgeben und sich unermüdlich für unsere Gesellschaft einsetzen. Nur
so können wir, trotz schwerer Zeiten, zusammen mit der Verwaltung, unsere
Stadt, unser Kempten voranbringen. Montagsdemos gehören da nicht dazu.
Wir, von der FDP, stimmen dem Haushalt zu.

Ullrich Kremser